Wenn die Dinge des Alltags kommunizieren
2015 – Das Jahr des Internet der Dinge
Nach der Erfindung der Dampfmaschine, der Einführung der Massenproduktion, dem Einzug von Computer und Robotern in unseren (Arbeits-) Alltag befinden wir uns mittendrin in der 4. Generation der Industriellen Revolution: Das Zeitalter des Internets der Dinge (Internet of Things – IoT) ist angebrochen. Längst sprechen nicht mehr nur Smartphones oder Computer miteinander. Immer mehr Alltagsgegenstände, Maschinen und Fahrzeuge werden ans Netz angeschlossen: Da kommuniziert die Zahnbürste mit dem Handy oder der Lichtschalter verbindet sich über das Internet.
212 Milliarden IP-fähige Geräte bis 2020
Eine Haustechnik, die Wetterinformationen nutzt, um über das Netzwerk selbständig Fenster zum Lüften zu öffnen und zu schließen: Das Internet wird uns in unserem Alltag künftig noch stärker als bisher ganz unbemerkt unterstützen. Die Aufmerksamkeit bzw. Interaktion durch Menschen wird nicht oder in geringerem Maße benötigt, wenn moderne Geräte Informationen senden und empfangen, ohne dass wir dies bemerken oder aktiv veranlassen.
Die Erwartungen über die Verbreitung bzw. Entwicklung von IoT-fähigen Geräten der verschiedenen Analystenhäuser gehen zwar noch auseinander. Einig sind sich die Experten aber darin, dass der Trend nicht aufzuhalten ist. Während Gartner bis 2020 mit 26 Milliarden und IDC sogar mit 212 Milliarden IP-fähigen Geräten weltweit rechnet, geht Machina Research dagegen von nur 14 Milliarden Geräten aus, die bis 2022 miteinander vernetzt sein werden. Allerdings meinen die Experten von Machina Research damit nur Geräte wie Sicherheitskameras, Fahrzeuge und Produktionsmaschinen. Ein vernetztes Auto mitsamt seiner Sensoren und eingebauten Systeme sehen sie nur als ein Connected Device und betrachten die rund 3 Milliarden Smartphones, Tablets und andere Zugangsgeräte losgelöst vom Zukunftsmarkt Internet der Dinge.
Eine ganz neue Welt voller Möglichkeiten
Zugegeben: Viele der oben benannten Anwendungsbeispiele sind (noch) angenehme Spielereien. Das Internet der Dinge nimmt jetzt aber auch erst richtig Fahrt auf. Denn endlich stimmen die Voraussetzungen: Rechenleistungen und -kapazitäten spielen kaum noch eine Rolle. Und das, obwohl die in den Geräten eingebauten Minicomputer gerade einmal so groß sind wie eine SIM-Karte. Und wenn das IoT erst einmal so weit ist, dass die menschlichen Vitaldaten in einer Notsituation allen Abteilungen eines Krankenhauses zur Verfügung stehen, zeigen sich die Vorteile der Vernetzung von Geräten auch für Leib und Leben.
Für Unternehmen eröffnen sich jedenfalls unglaubliche Möglichkeiten, neue Produkte und Services anzubieten. Die Technologieforscher von Gartner sehen enormes Potenzial: Der weltweite Markt für IoT-Lösungen soll von 1,9 Billionen US-Dollar in 2013 auf 7,1 Billionen US-Dollar in 2019 wachsen. Der Trend zum vernetzten Objekt bietet für Marketer und CIOs unzählige Möglichkeiten, um innovative, IT-gestützte Geschäftsideen zu entwickeln. Konkrete Vorteile sind beispielsweise eine intensivere Verhaltensanalyse der Zielgruppe, die schnellere Reaktion in Echtzeit auf kritische Situationen, die Unterstützung der Entscheidungsfindung durch sensorbasierte Analysen und die verbesserte Kontrolle zur Optimierung von Prozessen und Ressourcennutzung. Künftig treffen Kunden und Anbieter nicht mehr nur am Point of Sale aufeinander, sie können kontinuierlich interagieren.
So weit die Füße tragen
Die Vorteile und Chancen sind nicht von der Hand zu weisen: Die Vernetzung erleichtert uns Arbeit und Kommunikation. Unternehmen und öffentliche Verwaltung profitieren vom Internet der Dinge durch schnellere Prozesse. So bietet das Gesundheitswesen Einsatzmöglichkeiten, die Qualität der Behandlung zu verbessern und gleichzeitig Kosten zu senken. Die italienische Firma Reply hat beispielsweise einen Strumpf entwickelt, der den Bewegungsapparat des Trägers abbilden kann. Bei Hüftproblemen lässt sich dann erkennen, wo der Schuh drückt und nach Operationen wird angezeigt, ob und wie die Reha-Maßnahmen anschlagen.
Und auch im Bereich Heimautomatisierung hat es in den letzten Jahren einen Entwicklungssprung gegeben. Moderne Systeme, die auf eine Vernetzung unterschiedlicher Sensoren setzen, bieten umfassende Informationen – beginnend beim Rauchmelder, über automatische Thermostate bis hin zur Einbruchsüberwachung.
Eine Entwicklung ohne Nachteile?
Zwangsweise drängen sich Fragen nach der Sicherheit auf: Wenn persönliche Daten – und wir reden hier über eine nahezu unbegrenzte Datenmenge – über Netzwerke und Clouds versendet und gespeichert werden, welche Auswirkung hat das auf den Datenschutz? Kann Privatsphäre im Internet der Dinge wirksam geschützt werden? Was passiert überhaupt mit all den Daten? Schließlich lassen sich Informationen über den Gesundheitszustand einer Person auch anders verwenden: Krankenversicherer könnten über Sport- und Fitness-Tracking den Versicherten neue Tarifmodelle anbieten. Wird dann aber der Übergewichtige bestraft, weil er nicht abnimmt? Und wo landen die Daten noch?
All diese Fragen müssen jenseits aller technischer Raffinesse beachtet und in das Gesamtkonzept einbezogen werden. Denn nur wenn wir uns alle der Sicherheit der eigenen Daten gewiss sein können, wird das resultierende Vertrauen zum Wachstum dieses spannenden Marktes beitragen.
Der Kühlschrank als Spamschleuder
Jedes Gerät, das mit einem Netzwerk verbunden ist, ist eine potentielle Gefahrenquelle. Diese Tatsache wird verschärft, da nur wenig Verbraucher und Hersteller Haushaltsgeräte und Alltagsgegenstände als digitale Sicherheitslücke begreifen. Wir wollen den Teufel nicht an die Wand malen, denn auch wir sind Befürworter des Internets der Dinge. Aber das Schadensausmaß wäre nicht abzuschätzen, würden sich Hacker in automatisch arbeitende Industrieanlagen oder in Autos einklinken. Erste Anzeichen für solche Angriffe gibt es bereits heute: Eine deutliche Warnung sollte deshalb der netzwerkfähige Kühlschrank sein, der vor wenigen Monaten als Spam-Schleuder missbraucht wurde: Hacker hatten ihn in ein Botnet eingebunden, um Spam-Mails mit Schadsoftware zu versenden!
Darüber hinaus steckt die Kompatibilität der Geräte verschiedener Hersteller in den Kinderschuhen. Wenn Sie schon einmal Wearables oder Fitnesstracker ausprobiert haben, wissen Sie wovon wir sprechen: Wer auf die App oder das Fitnessarmband eines anderen Herstellers umsattelt, fängt bei seinen Daten wieder bei Null an. Diese können nicht zwischen den Geräten übertragen werden. Einen ersten Schritt in Sachen Kompatibilität haben Samsung, Intel und vier weitere Unternehmen gemacht, die sich zum „Open Interconnect Consortium“ zusammengeschlossen haben. Ziel ist es, Standards zu entwickeln, welche die drahtlose Vernetzung und Steuerung von Geräten unabhängig von Hersteller und Betriebssystem ermöglichen.
Fazit
Die Gefahren und Risiken, die mit dem Internet der Dinge verbunden sind, werden die digitale Sicherheitsarchitektur vor eine große Herausforderung stellen. Dennoch haben wir es mit einer Technologie der Zukunft zu tun, welche private und berufliche Umwälzungen hervorbringen wird. Von der zunehmenden Vernetzung der Dinge ergeben sich verlockende Vorteile. Und zwar sowohl für Verbraucher, die sich Erleichterung ihrer täglichen Aufgaben erhoffen, als auch für die Industrie, für die eine Vernetzung von Geräten und Maschinen ein enormes Wachstumspotential bietet.
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